Ein Sommer der Geschichte schreibt – #BloggerFuerFluechtlinge
Es ist dieser Tage unglaublich schwer, meine Gedanken sortiert zu bekommen. Noch schwerer, diese geordnet zu Papier zu bringen. Ich versuche das, was um uns herum, in Deutschland, in Europa, auf der Welt passiert zu begreifen. Und das Problem ist so vielschichtig.
Beispielsweise treibt mich die Situation in Berlin am #LaGeSo um. Wie kann der Staat, wie kann dieses reiche Land, dass doch so viel Wert auf seine Organisiertheit legt, so versagen? Wenn tausende Menschen – Familien, Frauen und Kinder – tagelang in der prallen Sonne ausharren müssen um sich als Flüchtlinge zu registrieren. Und das in diesem Sommer, der so heiß war. Ich würde erwarten, dass binnen Stunden das THW auffährt und die Menschen mit Essen und Wasser versorgt.
Pustekuchen. Es müssen sich erst Berliner Bürger privat organisieren. Nur dank der Hilfe so vieler unglaublicher Menschen kam es nicht zu schlimmeren – ist niemand verdurstet. Und dann kam die Bürokratie und verbot „Moabit hilft“ vor dem LaGeSo Lebensmittel auszuteilen. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wieviel Wut und Verachtung ich empfand, als ich das hörte.
Und es entbehrt nicht eines bitteren Zynismus, dass all das vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales geschah. Wie beschämend.
Ich bin erschrocken über soviel staatlich organisierte Unmenschlichkeit. Und ich bin erschrocken über so viel staatliches Versagen. Und ich frage mich, was wäre, gäbe es eine Katastrophe in Deutschland? Vielleicht einen GAU in einem AKW? Etwas das Menschen ihren Ort verlassen lässt. Dieses Land kann augenscheinlich in außergewöhnlichen Situationen nichtmal das nötigste organisieren.
Denkt man lange genug darüber nach, hat #LaGeSo die Sprengkraft, das Vertrauen in die Fähigkeiten des Staates und des Katastrophenschutzes nachhaltig zu zerstören. Und das ist gefährlich. In jeder Hinsicht.
Dieses Land hat über Jahre prächtig an den Waffenlieferungen in die heutigen Kriegsregionen verdient. Und verdient immer noch prächtig daran. Aber hat man mal was von der Waffenindustrie gehört, dass sie einen Teil ihrer üppigen Gewinne für die Versorgung von Flüchtlingen zur Verfügung stellen?
Der Staat hat eigentlich die Macht, das Recht und die verdammte Pflicht sich im Zweifel das Geld dort zu holen. Aber, ach …
Lebensmittel – hier billig mit EU-Subventionen hergestellt – überschwemmen den afrikanischen Markt. Und zerstören die Existenz tausender, zehntausender Menschen. Daran verdient man hier bei uns prächtig. Hat auch nur einer dieser Profiteure einen Teil seiner Gewinne zur Verfügung gestellt? Nein, sie machen weiter wie eh und je. Verurteilt jemand in dieser wirtschaftshörigen Regierung das als Ursache dessen, was wir heute erleben? Gott bewahre.
Die Politik deckt sie, die Profiteure. Und stellt dann Mare Nostrum ein. Sorgt so dafür dass die Menschen im Mittelmeer verrecken. Im April über eintausend Menschen binnen weniger Tage.
Man muss ja schließlich Exempel statuieren um nicht noch mehr anzulocken. Pfui deibel. Was wird mir bei soviel Unmenschlichkeit schlecht. Hört Ihr, ihr Seehofers, Gabriels und Merkels? Beim Gedanken an Euch und Eure Doppelmoral dreht sich mir der Magen um! Das können auch keine markigen Worte in Heidenau mehr wett machen. Und auch keine Merkel die für die schöne PR jetzt dann doch mal eine Flüchtlingsunterkunft besucht hat. Das ist an Widerlichkeit kaum zu überbieten.
Wo war denn Merkel als im letzten Winter über die Zustände in Münchner Flüchtlingsunterkünften berichtet wurde?
Apropos Gabriel. Wir wollen mal nicht vergessen, dass für einen nicht geringen Teil dessen, was wir jetzt an Menschenhass und Verachtung im Osten unseres Landes sehen müssen diese SPD eine Teilschuld trägt. Hartz IV, ein bisschen fördern und ganz viel fordern – das ist die Saat für was wir heute ernten. Damit hat diese SPD über Jahre hinweg den Rattenfängern die Abgehängten, die erst bei Pegida mit marschierten und jetzt brüllen und klatschen, wenn Flüchtlingsheim brennen, entgegen getrieben.
Das, liebe SPD, hast Du verbrochen! Anfang der 2000er. Mit Deinem Gequatsche von der sozialen Hängematte und von Arbeitsscheuen. Mit Deinem geglückten Versuch die Gesellschaft dazu zu bringen, nach unten zu treten. Mit Deinem Hofieren des Neoliberalismus und der Verabschiedung von Deinen Idealen.
Die, die eh schon nichts haben, noch als Schmarotzer zu knechten. Sie vom „Mindestmaß an sozialer Teilhabe“ auszuschließen.
Du hast dich mitschuldig gemacht. Also tu jetzt nicht so überrascht, dass 24 Jahre nach Hoyerswerda der Mob wieder die Straße für sich entdeckt.
Können wir alle aufnehmen? Nein, natürlich nicht! Das sollen wir auch nicht. Können wir mehr aufnehmen als jetzt? Wir sind eines der reichsten Länder der Welt. Natürlich können und müssen wir mehr leisten als bisher. Wir – die Gesellschaft, die Firmen, die von uns gewählte Politik – tragen Mitschuld an den Ursachen vor denen die Menschen jetzt um ihr nacktes Leben laufen. Es ist unsere verdammte moralische und menschliche Pflicht mehr zu tun.
Nicht nur hier bei uns. Schon in Griechenland, auf Kos, bevor die Vertriebenen sich auf die Reise über den Balkan machen. Oder bevor sie sich auf die möglicherweise tödliche Überfahrt über das Mittelmeer machen. Oder an der Grenzen zu Ungarn.
Der Staat muss Flüchtlingen endlich wieder legale Wege eröffnen bei uns um Asyl – immerhin ein Menschenrecht und von unserem Grundgesetz geschützt – zu bitten. Der Staat muss die Flüchtenden aus den Fängen der skrupellosen Schlepperbanden befreien. Und das geht nur durch legale Einreisemöglichkeiten.
Langfristig muss der Staat alles in seiner Macht stehende dafür tun, die Ursachen in den Herkunftsländern zu beseitigen. Wer 187.000.000.000 (187 Milliarden) Euro zur Rettung der Banken bereitstellen kann, der kann sich auch um die Probleme dieser Welt kümmern. Für die er zum Teil die Mitschuld trägt. Mit einem Bruchteil dieser Summe.
Damit die Menschen in ihrer Heimat bleiben können. Und die, die hier bei uns Schutz suchen, wieder zurück in ihre Heimat können. Zu ihren Freunden und ihrer Familie.
Und bis dahin gilt: Refugees welcome!
Mehr Informationen rund um Blogger für Flüchtlinge gibt es hier. Wenn Ihr helfen wollt und keine direkte Möglichkeit habt, dann spendet Sachen oder Geld. Schreibt einen Artikel zum Thema unter dem Tag „#bloggerfuerfluechtlinge“.